IL TURCO IN ITALIA
DRAMMA BUFFO PER MUSICA IN ZWEI AKTEN VON GIOACCHINO ROSSINI
ERSTER AKT
ZWEITER AKT
FOTOS © Karijn Dillmann / Andreas Birkigt 2009
PRODUKTION
Oper Leipzig
Intendant: Alexander von Maravić
Premiere: 7. November 2009
Musikalische Leitung: Andreas Schüller
Regie / Bühnenbild: Michiel Dijkema
Kostüme: Claudia Damm
Dramaturgie: Katrin Böhnisch / Christian Geltinger
Licht: Michael Röger
Fiorilla: Viktorija Kaminskaite
Geronio: Paolo Rumetz
Narciso: Timothy Fallon
Selim: Giovanni Furlanetto
Zaida: Claudia Huckle / Lena Belkina
Albazar: Dan Karlström
Prosdocimo: Giulio Mastrototaro
Pantomimen: Meylem González, Sylvia Metz, Sabine Schaft, Ines Vieweger
Bühnenmusiker: Bo Price (Hammerklavier), Sebastian Schneider (Klarinette), Edgar Hesse (Klarinette), Abel Pérez Armas (Horn), Tobias Schmidt / Gunter Bauer (Oboe)
Chor der Oper Leipzig (Einstudierung: Stefan Bilz) / Statisterie der Oper Leipzig
Gewandhausorchester Leipzig
PRESSESTIMMEN
„sensationelle Librettomaschine“
Das gibt’s noch: Man kommt aus der Oper, und zwar nicht erschossen, sondern beflügelt. [...] Michiel Dijkema und Claudia Damm wurden am Sonnabend in Jubel eingeseift und abgeduscht: Ihr Rossini ist eine Wucht. Und die sensationelle Librettomaschine selbstverständlich ein Geschenk an die Menschheit. Der Türke in Italien also. Eine Opern-Persiflage, die bravourös gelingt: intelligent, sehr witzig – mit anrührenden Momenten.
Bild
9. November 2009
„hinreißend komisch“
Amüsiertheater mit doppeltem Boden
Mit lang anhaltendem Applaus für alle Beteiligten und zahlreichen Bravos quittierte das Publikum am Samstagabend in der Oper Leipzig die Premiere von Gioacchino Rossinis „Il turco in italia“. [...] Hier werden, inmitten sprühender Komik, geistreichen Witzes, anarchischen Ulks durchaus große Gefühle verhandelt. Dennoch – oder darum – ist der Leipziger „Turco“ ein grandioser Spaß. Dijkema brennt ein Gag-Feuerwerk ab, dessen technische Präzision beeindruckend ist. Wie da im ersten Akt immer neue Protagonisten vom Schnürboden fallen, wie Dijkemas monströse Librettomaschine, Herz und Hingucker der Produktion, die fabelhaft frisch übersetzen Texte zum Zuschauer bringt, immer wieder angetrieben und ergänzt durch schrumpelige Theatergeister, die, wenn sonst nichts hilft, erstklassige Solobläser auf die Bühne schicken, um dem Poeten zur Inspiration zu verhelfen, den Sängern zu neuen Argumenten. Das ist geistreiches Amüsiertheater mit doppeltem Boden. Und der Neo-Nazi und der türkische Raumpfleger, die hin und wieder das Spiel unterbrechen, aus dem Publikum sekundiert von empörten Statisten – die unversehens selbst Teil des Librettos werden, rechnen als Regietheater so selbstironisch mit dem Regietheater ab, dass kein Auge trocken bleibt. […] Eine hinreißend komische Produktion, die das Zeug zum Renner hat. Der Premierenjubel lässt daran keinen Zweifel.
Peter Korfmacher
Leipziger Volkszeitung
9. November 2009
„leicht und geistreich parodierend“
Die Maschine diktiert
Was Michiel Dijkema mit diesem sich selbst wunderbar leicht und geistreich parodierenden Personal anfängt, ist unerzählbar, weil der Witz, der in jeder Bewegung, in jeder feinen Replik, in jedem gesungenen oder gespielten Kalauer steckt, dadurch nicht besser wird. […] Das alles hat die inszenierte Präzision eines Uhrwerks und die Leichtigkeit von Sektperlen.
Irene Constantin
Tageszeitung Neues Deutschland
19. November 2009
„ein Theater-Coup genialen Wurfs“
Die Übertitelungsmaschine!
Dijkemas Kniff ist: Die Personen entstehen aus sich selbst, fallen buchstäblich knallhart vom Himmel, entwickeln ihre eigene Geschichte, lassen dem Autor die Rolle des „verwertenden Texters“ - und karikieren sowohl Gender- als auch Nationen-Klischees mit spielerischer Delikatesse! Ein Theater-Coup genialen Wurfs ist allerdings, diese kritische Parodie auf die Mechanik der „Übertitelung“ zu fokussieren! [...] Ein genialer Einfall, technisch exzellent umgesetzt - ein „Bühnenbild“ von kommunikativer Intensität, unvergesslich! [...] Auf alle Fälle: Die Oper Leipzig hat ein Erfolgs-Projekt im Angebot!
Franz R. Stuke
Opernnetz
10. November 2009
„intelligent [...] sprühend komisch“
Die Inszenierung versetzt den Zuschauer ganz in den Entstehungsprozess des Librettos, wie es gerade auf der Bühne umgesetzt wird und somit auch in die Gedankengänge des Dichters. […] Es wird eine intelligent umgesetzte, abwechslungsreiche und dem Stück angemessen mit sprühend komischen Einfällen gespickte Inszenierung geboten.
Dr. Andreas Gerth
Operapoint
November 2009
„gekonnt [...] direkt und absurd“
Mensch und Maschine
Gekonnt fallen die Erzählebenen ineinander. [...] Selim, der Exot auf Brautschau in Italien, tritt nie ohne Teppich und überdimensionale Wasserpfeife auf und als der hintergangene Ehemann zur selben Kostümierung greift und nur mit einer ganz kleinen Wasserpfeife aufwarten kann, haben die Lacher die Textebene längst verlassen. Je direkter und absurder die Komik, desto besser funktioniert der Abend jenseits aller subjektkonstituierenden Psychologisierung.
Anke Charton
Leipzig Almanach
11. November 2009
„über drei Stunden mit leichter Hand komisch“
Die Parodie einer Parodie
Sehr komisch: Rossinis "Türke in Italien" an der Oper Leipzig
Michiel Dijkema versucht sich in Leipzig an der szenischen Parodie dieser Parodie, stellt eine große altertümlich wirkende Librettomaschine à la 1814 (sechs Meter hoch, sieben breit) mitten auf die ansonsten leere Drehbühne und ist dann über drei Stunden mit leichter Hand komisch. [...] Den armen Textdichter umspringen lauter kleine Ideengnome. Schlagen ihm in der Ouvertüre aber nur Stoffe vor, die tödlich enden oder die es schon gibt. Die neuen Einfälle krachen dann als große Wundersäcke aus dem Schnürboden auf die Bretter. Denen entsteigen nach und nach alle Akteure.
Joachim Lange
Freie Presse
11. November 2009
„Das muss man gesehen haben.“
Der allerreinste Jubel für einen Skandal
Das muss man gesehen haben. [...] Mit reinstem Jubel quittierte das Publikum den Premierenabend. [...] Gattin und Gatte, alter und neuer Liebhaber, eine abgelegte Herzensdame und deren Faktotum, dazu Maskenball, Rollentausch, Vervielfältigung und mittendrin ein überforderter Librettist: Solche Gemengelage wertet der Abend mit den Möglichkeiten der Commedia dell'Arte, mit einer saloppen Übersetzung, mit exzellenter Bühnenmusik und unzähligen, auch pyrotechnischen Späßchen liebevoll auf. Schrille Verkleidungen und witzige Requisiten plumpsen in Säcken herab. Der Zigeunerchor tritt als Horde nackter Gnome in skurrilen Anzügen, der Luxustürke niemals ohne Perserteppich auf. Zugleich nehmen sich Regie und Ensemble der Komödie mit jenem akribischen Ernst im Handwerklichen an, ohne den der beste Gag nicht funktionieren würde. Und führen zu guter Letzt augenzwinkernd die Grenzen des Genres vor: Als Fiorilla schluchzend am Boden liegt, lässt die Oper die Hosen, pardon, die Kulissen runter. Die Librettomaschine dreht durch, Musiker und Sänger fallen aus der Rolle. Der Vorstellungsabbruch ist hier ein Akt des Erbarmens. [...] Man verlässt das Haus nach drei Stunden Spieldauer in der Gewissheit, einen stimmigen, höchst unterhaltsamen, selbstironischen Abend erlebt zu haben.
Ute van der Sanden
Mitteldeutsche Zeitung
8. November 2009
„eine große Idee“
Einmal gerät die Welt aus den Fugen: Fiorilla liegt am Boden, Gatte Geronio hat die Flatterhafte rausgeworfen, und ihre Verzweiflung scheint echt. Da stockt das Spiel. Im Angesicht ihrer Verletztheit verweigert Fiorilla der Oper den glücklichen Ausgang. Geronio unterbricht: Was hat die Frau, warum singt sie nicht? Ist sie krank? Unruhe auf der Bühne. Das technische Personal schaut betroffen. Vorhang, Applaus – erst dann löst sich der Knoten, wie Prosdocimo, der Poet, Rossini, Tradition, Gattung es verlangen... Eine große Idee aus dem Zwischenreich von Theater und Leben ist dies, mit der Michiel Dijkema diese Oper über Entstehung und Absurditäten eines Operntextes beendet.
Peter Korfmacher
Leipziger Volkszeitung
9. November 2009
„fünfeinhalb Tonnen schwer“
Raumhoch, fünfeinhalb Tonnen schwer, optisch eine Kreuzung aus Druckapparat und Webstuhl, rotiert die Holzkonstruktion auf der Drehbühne der Oper Leipzig. Seit Jahresbeginn wurde in den Theaterwerkstätten an der Librettomaschine des Regisseurs gebaut, jeder Buchstabe von Hand auf die 540 Meter lange Stoffbahn gemalt. Sechs Komparsen kurbeln nun am Text, denn seine Produktion ist in der komischen Oper "Der Türke in Italien" von Gioacchino Rossini Programm.
Ute van der Sanden
Mitteldeutsche Zeitung
8. November 2009
AUS EINER KRITIK ZU TOSCA (2011)
„die mittlerweile legendäre Libretto-Maschine“
Dijkema ist an der Oper Leipzig kein Unbekannter: Vor zwei Jahren landete er hier mit seiner Inszenierung von Rossinis Il Turco in Italia einen beachtlichen Erfolg: Um die mittlerweile legendäre Libretto-Maschine entwarf Dijkema ein an verschiedene historische Theaterformen angelehntes turbulentes Spiel mit mehreren Ebenen und bewussten Brüchen zwischen Fiktion und »Realität«, die er zu einem ebenso gewitzten wie intelligenten Ganzen zusammenfügte.
Der Neue Merker
Ingo Rekatzsky
17. Oktober 2011